916.231 |
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt |
Jahrgang 2002 |
Nr. 48 |
ausgegeben am 15. April 2002 |
Verordnung
vom 9. April 2002
zur Bekämpfung des Feuerbrandes (Feuerbrandverordnung, FBV)
Aufgrund von Art. 178 Abs. 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft (LwG) verordnet die Regierung:
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Zweck
Diese Verordnung regelt die Zuständigkeiten und Massnahmen zur Bekämpfung des Feuerbrandes (Erwinia amylovora) im Fürstentum Liechtenstein. Die Ausbreitung des Feuerbrandes soll durch vorsorgliche und direkte Bekämpfungsmassnahmen verhindert werden.
Art. 2
Bezeichnungen
Die in dieser Verordnung verwendeten Personenbezeichnungen gelten für Personen des männlichen und weiblichen Geschlechts.
II. Organisation und Durchführung
Art. 3
Zuständigkeit
1) Die Durchführung der Massnahmen zur Bekämpfung des Feuerbrandes obliegt dem Landwirtschaftsamt, dem Amt für Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen und den Gemeinden.
2) Die Aufsicht über den Vollzug dieser Verordnung obliegt der Regierung.
Art. 4
Aufgaben des Landwirtschaftsamtes
In den Zuständigkeitsbereich des Landwirtschaftsamtes fallen insbesondere:
a) die Erarbeitung und Aktualisierung eines Konzeptes "Feuerbrandbekämpfung", welches die Strategien der Bekämpfungsmassnahmen jährlich festlegt. Das Konzept "Feuerbrandbekämpfung" ist von der Regierung zu genehmigen; dabei werden das Gebiet oberhalb 1 200 M.ü.M. und ausgewiesene Landschaftsteile mit genügender Entfernung zu Siedlungen und Kernobstbeständen gesondert beachtet;
b) die Anordnung der Massnahmen im Rahmen des Konzeptes Feuerbrandbekämpfung im Inland;
c) die Aus- und Weiterbildung sowie die Instruktion der mit der Durchführung der Massnahmen zur Bekämpfung des Feuerbrandes beauftragten Personen;
d) die laufende und gezielte Beratung und Information der Öffentlichkeit;
e) die Zusammenarbeit mit den zuständigen schweizerischen und österreichischen Behörden und Fachstellen.
Art. 5
Aufgaben des Amtes für Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen
In den Zuständigkeitsbereich des Amtes für Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen fallen insbesondere:
a) der Erlass von Richtlinien zum Verstellen von Bienen;
b) die Überwachung des zeitlich definierten Verstellverbotes. Das Amt kann die Überwachung an geeignete Institutionen oder Personen delegieren.
Art. 6
Aufgaben der Gemeinden
1) Die Gemeinden sind zuständig, die erforderlichen Massnahmen im Rahmen des Konzeptes "Feuerbrandbekämpfung" auf ihrem Gemeindegebiet umzusetzen und durchzuführen. Sie können Aufgaben im Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsamt an Dritte übertragen.
2) Die mit der Durchführung beauftragten Personen müssen über die notwendige Fachkompetenz verfügen, die Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen des Landwirtschaftsamtes besucht haben und dessen Instruktionen befolgen.
3) Die mit der Durchführung beauftragten Personen:
a) kontrollieren alle Feuerbrand-Wirtspflanzen, entfernen und entsorgen nur von Feuerbrand befallene Pflanzen oder Teile davon auf privaten und öffentlichen Grundstücken;
b) entscheiden und verfügen aufgrund des Konzeptes "Feuerbrandbekämpfung" über die Art und Weise, wie von Feuerbrand befallene Pflanzen oder Teile davon zu entfernen und zu entsorgen sind;
c) informieren den Grundstückseigentümer oder Bewirtschafter über die bevorstehenden Massnahmen;
d) setzen den Zeitraum für die Entfernung und Vernichtung der befallenen Pflanzen fest;
e) führen Rapport über die Arbeiten.
4) Wird während des festgesetzten Zeitraumes gemäss Abs. 3 Bst. d die Entfernung und Vernichtung der befallenen Pflanzen durch den Grundstückseigentümer behindert oder verunmöglicht, so erfolgt eine Meldung durch die mit der Durchführung beauftragten Personen an das Landwirtschaftsamt. Das Landwirtschaftsamt ordnet die erforderlichen Massnahmen gemäss Abs. 3 an. Die Entfernung und Entsorgung des befallenen Pflanzenmaterials wird in diesem Falle für den Eigentümer kostenpflichtig.
Art. 7
Durchführung
1) Das Landwirtschaftsamt sorgt für die zweckmässige Koordination der Vollzugsaufgaben nach Art. 5 und 6.
2) Soweit es erforderlich ist, kann das Landwirtschaftsamt weitere Fachstellen der Landesverwaltung für besondere Aufgaben beiziehen.
3) Die Untersuchung der Feuerbrandproben erfolgt im Feuerbrandlabor der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil.
III. Vollzugsbestimmungen und Verwaltungsmassnahmen
Art. 8
Kontrollpflicht
Der Kontrolle unterstehen Pflanzen auf privaten und öffentlichen Grundstücken, soweit dies die Erfüllung der Zweckbestimmung dieser Verordnung erfordert.
Art. 9
Meldepflicht
Personen, die Symptome von Feuerbrand auf Pflanzen im Fürstentum Liechtenstein feststellen, haben dies unverzüglich dem Landwirtschaftsamt, den Gemeinden oder den mit der Durchführung beauftragten Personen zu melden.
Art. 10
Zutrittsrecht
1) Den zuständigen Vollzugsorganen ist im Rahmen dieser Verordnung der freie Zutritt zu den Anlagen für die Kontrollen, die Entnahme von Proben und die Entfernung und Entsorgung von befallenem Pflanzenmaterial zu gestatten.
2) An befallenen oder befallsverdächtigen Pflanzen dürfen ohne Zustimmung der Vollzugsorgane keine Eingriffe vorgenommen werden, bis ein Untersuchungsergebnis vorliegt und über das weitere Vorgehen entschieden worden ist.
Art. 11
Massnahmen
1) Sofern die Befallslage dies erfordert oder im Rahmen der grenzüberschreitenden Feuerbrandbekämpfung eine Notwendigkeit hierfür besteht, kann die Regierung:
a) die vorsorgliche Rodung von Feuerbrand-Wirtspflanzen anordnen;
b) das Anpflanzen, die Produktion und das Inverkehrbringen von Feuerbrand-Wirtspflanzen verbieten.
2) Die Regierung legt die Liste der Feuerbrand-Wirtspflanzen für die in Abs. 1 genannten Massnahmen fest.
3) Die Nachzucht von Weissdorn, Vogelbeere und Mehlbeere liechtensteinischen Ursprungs in der Baumschule des Landesforstbetriebes ist erlaubt. Die Baumschule des Landesforstbetriebes untersteht der Kontrollpflicht gemäss Art. 8.
Art. 12
Entschädigungen
1) Für die Tätigkeiten der Gemeinden im Rahmen der Feuerbrandkontrollen kommen die durch die Regierung festgelegten Entschädigungsansätze zur Anwendung.
2) Die nach dieser Verordnung erforderlichen Rodungsarbeiten werden nach den von der Regierung festgelegten Richtlinien entschädigt.
3) Die Auszahlung der Entschädigungen an die Gemeinden erfolgt nach Vorlage der Abrechnungsunterlagen durch das Landwirtschaftsamt.
4) Für den Ersatz von feuerbrandbefallenen Obstanlagen, deren Flächen mehr als 40 Are betragen, gelten die Entschädigungen gemäss Schätzungsrichtlinien der Eidgenössischen Forschungsanstalt Wädenswil.
5) Für Entschädigungen von feuerbrandbefallenen Baumschulgehölzen gelten die analogen Bestimmungen des Bundesamtes für Landwirtschaft in Bern.
Art. 13
Entschädigungen für Tätigkeiten im Jahr 2001
Die im Jahre 2001 erfolgten Kontroll- und Rodungstätigkeiten der Gemeinden im Rahmen der Feuerbrandbekämpfung werden gemäss den durch die Regierung festgelegten Entschädigungsansätzen und Richtlinien vergütet.
IV. Rechtsmittel und Verfahren
Art. 14
Beschwerdeverfahren
1) Gegen Verfügungen und Entscheidungen des Landwirtschaftsamtes betreffend Feuerbrandbekämpfung kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde bei der Regierung erhoben werden.
2) Gegen Verfügungen und Entscheidungen der Regierung kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
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3) Beschwerden betreffend die Entfernung und Entsorgung der von Feuerbrand befallenen Pflanzen oder von Pflanzenmaterial kommt keine aufschiebende Wirkung zu.
Art. 15
Strafverfolgung
1) Widerhandlungen gegen Bestimmungen dieser Verordnung werden nach der anwendbaren schweizerischen Landwirtschaftsgesetzgebung geahndet.
2) Für die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen gegen diese Verordnung ist das Landgericht zuständig.
Art. 16
Inkrafttreten
1) Diese Verordnung tritt vorbehaltlich Abs. 2 am Tage der Kundmachung in Kraft.
2) Art. 13 tritt rückwirkend auf den 1. Januar 2001 in Kraft.
Fürstliche Regierung:
gez. Otmar Hasler
Fürstlicher Regierungschef
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Art. 14 Abs. 2 abgeändert durch
LGBl. 2004 Nr. 33.