173.30
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2007 Nr. 348 ausgegeben am 21. Dezember 2007
Gesetz
vom 24. Oktober 2007
über die Organisation der ordentlichen Gerichte (Gerichtsorganisationsgesetz; GOG)
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung:
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Gerichte
1) Die ordentliche Gerichtsbarkeit wird durch folgende Gerichte ausgeübt:
a) das Fürstliche Landgericht in erster Instanz;
b) das Fürstliche Obergericht in zweiter Instanz;
c) der Fürstliche Oberste Gerichtshof in dritter Instanz.
2) Sitz der Gerichte ist Vaduz.
3) Zuständigkeiten und Rechtsmittel in der ordentlichen Gerichtsbarkeit werden durch die besonderen Verfahrensvorschriften geregelt.
Art. 2
Kollegialgerichte
1) Kollegialgerichte sind das Kriminal- und das Jugendgericht sowie das Obergericht und der Oberste Gerichtshof.1
2) In Kollegialgerichten muss die Mehrheit der Richter die liechtensteinische Staatsangehörigkeit besitzen. Diesen gleichgestellt sind Richter mit schweizerischer oder österreichischer Staatsangehörigkeit, die eine mindestens fünfjährige ununterbrochene Tätigkeit als vollamtlicher Richter in Liechtenstein ausgeübt haben.2
3) Zu Verhandlungen von längerer Dauer können vom Vorsitzenden eines Kollegialgerichtes Ergänzungsrichter zugezogen werden. Diese nehmen an den Verhandlungen teil, ohne an den Beratungen und Abstimmungen mitzuwirken. Im Falle der Verhinderung eines Richters tritt ein Ergänzungsrichter an dessen Stelle.
4) Als Ergänzungsrichter sind die Richter des jeweiligen Kollegialgerichtes einsetzbar.
Art. 3
Bezeichnungen
Unter den in diesem Gesetz verwendeten Personen-, Berufs- und Funktionsbezeichnungen sind Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts zu verstehen.
II. Gerichte
A. Landgericht
Art. 4
Richter des Landgerichtes
1) Richter des Landgerichtes sind die vollamtlichen Landrichter und die nebenamtlichen Richter des Kriminal- und des Jugendgerichtes sowie deren Stellvertreter.3
2) Der Landtag bestimmt auf Vorschlag der Regierung die Summe der Stellenprozente der vollamtlichen Landrichter.4
Art. 5
Erstinstanzliche Spruchkörper
Das Landgericht spricht Recht durch:
a) die Landrichter als Einzelrichter;
b) das Kriminalgericht oder seinen Vorsitzenden;
c) aufgehoben5
d) das Jugendgericht oder seinen Vorsitzenden;
e) die Rechtspfleger.
Art. 6
Einzelrichter
Jeder Landrichter ist als Einzelrichter tätig und steht einer Gerichtsabteilung vor, der die Erledigung der nach Massgabe der Geschäftsverteilung zugewiesenen Geschäfte obliegt.
Art. 7
Kriminalgericht
1) Das Kriminalgericht besteht aus:
a) einem Landrichter als Vorsitzenden;
b) einem Landrichter als Stellvertreter des Vorsitzenden;6
c) einem Landrichter als Beisitzer;
d) drei Kriminalrichtern und je einem Stellvertreter für jeden Kriminalrichter.7
2) Das Kriminalgericht entscheidet als Senat in der Besetzung mit seinem Vorsitzenden, einem Beisitzer und drei Kriminalrichtern.
Art. 88
Aufgehoben
Art. 9
Jugendgericht
1) Das Jugendgericht besteht aus:
a) einem Landrichter als Vorsitzenden;
b) einem Landrichter als Stellvertreter des Vorsitzenden;
c) zwei Jugendrichtern und je einem Stellvertreter für jeden Jugendrichter.
2) Das Jugendgericht entscheidet als Senat in der Besetzung mit seinem Vorsitzenden und zwei Jugendrichtern. Das Jugendgericht ist nur dann ordentlich besetzt, wenn ein Jugendrichter dem Geschlecht des Angeklagten angehört.
Art. 10
Rechtspfleger
Die Stellung sowie die Zuständigkeiten und Aufgaben des Rechtspflegers richten sich nach den Bestimmungen des Rechtspflegergesetzes.
Art. 11
Kollegium der Landrichter
1) Das Kollegium der Landrichter besteht aus dem Landgerichtspräsidenten als Vorsitzenden und den vollamtlichen Landrichtern.
2) Aufgehoben9
3) Das Kollegium der Landrichter führt Aussprachen zur Förderung einer einheitlichen Rechtsprechung am Landgericht durch.
4) Das Kollegium der Landrichter bestellt aus seiner Mitte für eine Amtsdauer von fünf Jahren einen Landrichter als Mitglied der Konferenz der Gerichtspräsidenten sowie einen weiteren Landrichter als stellvertretendes Mitglied.
5) Auf Vorschlag des Landgerichtspräsidenten kann das Kollegium der Landrichter die Rechtspfleger, den Verwaltungsleiter und weitere Personen zu den Beratungen des Kollegiums der Landrichter beiziehen.
Art. 12
Beschlussfassung
1) Die Beschlussfassung im Kollegium der Landrichter erfolgt mit einfacher Stimmenmehrheit der anwesenden Landrichter. Beschlüsse kommen nur gültig zustande, wenn mindestens zwei Drittel der Landrichter anwesend sind.
2) Bei Stimmengleichheit hat der Landgerichtspräsident den Stichentscheid.
Art. 1310
Landgerichtspräsident und Landgerichtspräsidium
1) Der Landgerichtspräsident und dessen erster und zweiter Stellvertreter werden für eine Amtsdauer von fünf Jahren aus der Mitte der Landrichter ernannt. Das Ernennungsverfahren richtet sich nach dem Richterbestellungsgesetz.
2) Der Landgerichtspräsident leitet das Landgericht und vertritt dieses nach aussen. Sind sowohl der Landgerichtspräsident als auch dessen Stellvertreter an der Wahrnehmung ihrer Aufgaben verhindert, so werden diese von den bei diesem Gericht ernannten Landrichtern in der Reihenfolge ihres Ernennungszeitpunktes vertreten.
3) Das Landgerichtspräsidium besteht aus dem Landgerichtspräsidenten und seinen beiden Stellvertretern.
Art. 14
Grundsätze der Geschäftsverteilung
1) Bei der Verteilung der Geschäfte ist auf eine gleichmässige Auslastung der einzelnen Landrichter und der Rechtspfleger zu achten.
2) Bestandteil der Geschäftsverteilung sind alle Rechtssachen und die weiteren gesetzlichen Aufgaben, die in die Zuständigkeit des Landgerichtes fallen.
3) Die Geschäftsverteilung hat Regelungen über die Besetzung des Vorsitzes, dessen Stellvertretung und des Beisitzes sowie den Einsatz von Ergänzungsrichtern in erstinstanzlichen Kollegialgerichten zu enthalten. Sie regelt die Vertretung der Landrichter und der Rechtspfleger.
4) Für den Fall der Änderung der Geschäftsverteilung sind Rechtssachen, in denen bereits mündliche Verhandlungen, einschliesslich unmittelbarer Vernehmungen von Zeugen, Parteien oder Sachverständigen stattgefunden haben, nach Möglichkeit bei demjenigen Landrichter zu belassen, der sie bisher geführt hat.
Art. 1511
Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung
1) Das Landgerichtspräsidium entwirft bis zum 30. Oktober des laufenden Geschäftsjahres eine Geschäftsverteilung für das nachfolgende Jahr. Der Geschäftsverteilungsentwurf wird den Landrichtern zugestellt. Diese sind berechtigt, binnen zwei Wochen beim Landgerichtspräsidium schriftlich Einwendungen gegen den Entwurf zu erheben. Die Einwendungen müssen eine Begründung und einen Abänderungsantrag enthalten und werden den Landrichtern vom Landgerichtspräsidium zur Kenntnis gebracht.
2) Die Geschäftsverteilung wird bis zum 1. Dezember eines jeden Jahres vom Landgerichtspräsidium beschlossen. Kommt ein Geschäftsverteilungsbeschluss nicht rechtzeitig zustande, bleibt die alte Geschäftsverteilung bis zum Inkrafttreten der neuen in Geltung.
3) Jeder Landrichter kann binnen zehn Tagen ab Beschlussfassung gegen den Geschäftsverteilungsbeschluss Beschwerde beim Obergerichtspräsidenten einreichen. Die Beschwerde, der keine aufschiebende Wirkung zukommt, hat eine Begründung und einen Abänderungsantrag zu enthalten. Die übrigen Landrichter und Rechtspfleger können zur Beschwerde eine Stellungnahme abgeben. Gegen die Entscheidung des Obergerichtspräsidenten steht kein weiteres Rechtsmittel offen.
Art. 16
Änderung der Geschäftsverteilung
1) Soweit es für den ordnungsgemässen Geschäftsgang notwendig ist, kann das Landgerichtspräsidium die Geschäftsverteilung ändern, insbesondere wenn:12
a) Veränderungen im Personalbestand der Landrichter oder der Rechtspfleger eingetreten sind;
b) dies wegen Dienstverhinderung eines Landrichters oder eines Rechtspflegers notwendig ist;
c) ein Landrichter wegen des Umfangs seiner Aufgaben an deren Erledigung innerhalb angemessener Frist verhindert ist.
2) Im Weiteren ist die Geschäftsverteilung zu ändern, wenn der Obergerichtspräsident eine Beschwerde gegen die vom Landgerichtspräsidium beschlossene Geschäftsverteilung gutheisst.13
3) Art. 15 Abs. 3 findet sinngemäss Anwendung.
Art. 17
Durchführung der Geschäftsverteilung
1) Der Landgerichtspräsident fasst die beschlossene Geschäftsverteilung in einer Übersicht zusammen. Bei Änderungen ist diese anzupassen.
2) Die Geschäftsverteilungsübersicht enthält in einfacher und klarer Form:
a) die einzelnen Geschäftsgruppen;
b) die Nummern der Gerichtsabteilungen;
c) die Namen der Landrichter;
d) die Stellen, an die sich die Parteien mit mündlichen Anbringungen zu wenden haben, sowie die für solche Anbringungen bestimmten Zeiten.
3) Der Landgerichtspräsident hat die Geschäftsverteilungsübersicht und spätere Änderungen in geeigneter Weise öffentlich bekannt zu machen.
B. Obergericht
Art. 1814
Richter des Obergerichtes
1) Richter des Obergerichtes sind die vollamtlichen Senatsvorsitzenden, deren Stellvertreter, die vollamtlichen Beisitzer und ein stellvertretender Beisitzer sowie die nebenamtlichen Oberrichter und deren Stellvertreter.
2) Der Landtag bestimmt auf Vorschlag der Regierung die Summe der Stellenprozente der vollamtlichen Richter des Obergerichtes.
Art. 19
Spruchkörper des Obergerichtes
1) Das Obergericht spricht Recht durch drei Senate oder durch die drei Senatsvorsitzenden.
2) Jeder Senat besteht aus einem Senatsvorsitzenden, einem Stellvertreter des Vorsitzenden, einem Beisitzer sowie einem Oberrichter und dessen Stellvertreter. Die Senatsvorsitzenden, deren Stellvertreter sowie die Beisitzer müssen rechtskundig sein.15
3) Die Senate entscheiden in der Besetzung mit einem Senatsvorsitzenden, einem Beisitzer und einem Oberrichter.16
4) Die Mitglieder eines Senats sind Stellvertreter in den anderen Senaten. Die Senatsvorsitzenden wie auch die Beisitzer vertreten sich gegenseitig. Der Einsatz in einem anderen Senat darf nur erfolgen, wenn die Richter und die Stellvertreter des entsprechenden Senats ausgeschlossen, befangen oder verhindert sind.17
5) Für die Entscheidung von Beschwerden gegen den Geschäftsverteilungsbeschluss der Landrichter wird ein Senat, der sich aus den drei Senatsvorsitzenden des Obergerichtes zusammensetzt, gebildet.
Art. 20
Obergerichtspräsident
1) Der Obergerichtspräsident sowie dessen erster und zweiter Stellvertreter werden aus der Mitte der Senatsvorsitzenden für eine Amtsdauer von fünf Jahren ernannt. Die Ernennungen richten sich nach dem Richterbestellungsgesetz.
2) Der Obergerichtspräsident leitet das Obergericht und vertritt dieses nach aussen. Sind sowohl der Obergerichtspräsident als auch dessen Stellvertreter an der Wahrnehmung ihrer Aufgaben verhindert, so werden diese von den bei diesem Gericht ernannten Beisitzern in der Reihenfolge ihres Ernennungszeitpunktes vertreten.18
3) Der Obergerichtspräsident führt mit den anderen Senatsvorsitzenden des Obergerichtes sowie mit den Stellvertretern der Senatsvorsitzenden Aussprachen zur Förderung einer einheitlichen Rechtsprechung am Obergericht.
Art. 21
Geschäftsverteilung
1) Der Obergerichtspräsident bereitet den Entwurf der Geschäftsverteilung vor, fasst die beschlossene Geschäftsverteilung in einer Übersicht zusammen und macht diese und spätere Änderungen in geeigneter Weise öffentlich bekannt.
2) Die Senatsvorsitzenden des Obergerichtes beschliessen bis zum 1. Dezember des laufenden Geschäftsjahres die Geschäftsverteilung des nachfolgenden Geschäftsjahres.
3) Jeder Senatsvorsitzende kann binnen zehn Tagen gegen den Geschäftsverteilungsbeschluss Beschwerde beim Obersten Gerichtshof einreichen.
4) Im Übrigen sind Art. 14, 15 Abs. 2 und 3, Art. 16 und 17 Abs. 2 sinngemäss anzuwenden.
C. Oberster Gerichtshof
Art. 22
Richter des Obersten Gerichtshofes
Richter des Obersten Gerichtshofes sind die nebenamtlichen Senatsvorsitzenden und die nebenamtlichen Oberstrichter sowie deren Stellvertreter.
Art. 23
Spruchkörper des Obersten Gerichtshofes
1) Der Oberste Gerichtshof spricht Recht durch zwei Senate oder durch die zwei Senatsvorsitzenden.
2) Jeder Senat besteht aus einem Senatsvorsitzenden, einem Stellvertreter des Vorsitzenden sowie vier Oberstrichtern und deren Stellvertreter. Die Senatsvorsitzenden, deren Stellvertreter sowie mindestens je zwei der übrigen Oberstrichter und Stellvertreter müssen rechtskundig sein.
3) Die Senate entscheiden in der Besetzung mit einem Senatsvorsitzenden und vier Oberstrichtern. Mindestens drei Mitglieder des Senats müssen rechtskundig sein.
4) Die Senatsvorsitzenden und deren Stellvertreter vertreten sich gegenseitig. Der Einsatz im anderen Senat darf nur erfolgen, wenn der Vorsitzende oder der Stellvertreter ausgeschlossen, befangen oder verhindert ist. Jedes Mitglied des Obersten Gerichtshofes kann beiden Senaten angehören.19
5) Für die Entscheidung von Beschwerden gegen den Geschäftsverteilungsbeschluss der Senatsvorsitzenden des Obergerichtes wird ein Senat, der sich aus den beiden Senatsvorsitzenden des Obersten Gerichtshofes und einem weiteren rechtskundigen Oberstrichter zusammensetzt, gebildet.
Art. 24
Präsident des Obersten Gerichtshofes
1) Der Präsident des Obersten Gerichtshofes und dessen erster Stellvertreter werden aus der Mitte der Senatsvorsitzenden, der zweite Stellvertreter wird aus der Mitte der Oberstrichter, für eine Amtsdauer von fünf Jahren ernannt. Die Ernennungen richten sich nach dem Richterbestellungsgesetz.20
2) Der Präsident des Obersten Gerichtshofes leitet den Obersten Gerichtshof und vertritt diesen nach aussen. Sind sowohl der Präsident des Obersten Gerichtshofes als auch dessen Stellvertreter an der Wahrnehmung ihrer Aufgaben verhindert, so werden diese von den bei diesem Gericht ernannten Oberstrichtern in der Reihenfolge ihres Ernennungszeitpunktes vertreten.21
3) Der Präsident des Obersten Gerichtshofes führt mit dem Vorsitzenden des anderen Senats sowie mit den Stellvertretern der Senatsvorsitzenden Aussprachen zur Förderung einer einheitlichen Rechtsprechung am Obersten Gerichtshof.
Art. 25
Geschäftsverteilung
1) Der Präsident des Obersten Gerichtshofes bereitet den Entwurf der Geschäftsverteilung vor, fasst die beschlossene Geschäftsverteilung in einer Übersicht zusammen und macht diese und spätere Änderungen in geeigneter Weise öffentlich bekannt.
2) Die Senatsvorsitzenden und deren Stellvertreter beschliessen bis zum 1. Dezember des laufenden Geschäftsjahres die Geschäftsverteilung des nachfolgenden Geschäftsjahres.
3) Kommt eine Einigung nicht rechtzeitig zustande, entscheidet der Präsident des Obersten Gerichtshofes endgültig über die Geschäftsverteilung.
4) Im Übrigen sind Art. 14, Art. 16 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 2 sinngemäss anzuwenden.
D. Geschäftsordnung
Art. 26
Geschäftsordnung
1) Auf Vorschlag der Konferenz der Gerichtspräsidenten erlässt die Regierung auf dem Verordnungsweg eine Geschäftsordnung für die ordentlichen Gerichte.
2) In der Geschäftsordnung werden die notwendigen Rahmenbedingungen, die für den Geschäftsgang der ordentlichen Gerichte erforderlich sind, geregelt. Sie hat insbesondere zum Gegenstand:
a) die Führung der verschiedenen Register;
b) die Behandlung und Gestaltung der Geschäftsstücke;
c) die Publikation von Entscheidungen;
d) die Verwahrung der Gerichtsakten;
e) die Organisation der Gerichtskanzleien;
f) die Durchführung von Kund- und Bekanntmachungen.
III. Justizverwaltung
A. Organe
Art. 27
Organe der Justizverwaltung
1) Die Organe der Justizverwaltung sind:
a) die Konferenz der Gerichtspräsidenten;
b) der Vorsitzende der Konferenz der Gerichtspräsidenten;
c) die Präsidenten der Gerichte.
2) Die Organe der Justizverwaltung haben streng darauf zu achten, dass kein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit erfolgt.
3) Die Organe der Justizverwaltung werden in der Ausübung ihrer Aufgaben durch die Landesverwaltung unterstützt.
4) Die Regierung und der Landtag üben die Aufsicht über die Justizverwaltung nach Massgabe der Landesverfassung aus.
Art. 28
Konferenz der Gerichtspräsidenten
1) Die Konferenz der Gerichtspräsidenten besteht aus:
a) den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes, des Obergerichtes und des Landgerichtes als stimmberechtigte Mitglieder;
b) einem vom Kollegium der Landrichter ernannten vollamtlichen Landrichter als stimmberechtigtes Mitglied;
c) dem Verwaltungsleiter als beratendes Mitglied und als Protokollführer.
2) Im Fall der Verhinderung nehmen die Stellvertreter der Gerichtspräsidenten Einsitz. Ist der Landrichter verhindert, wird dieser durch den vom Kollegium der Landrichter ernannten Stellvertreter vertreten.
3) Die Konferenz der Gerichtspräsidenten ist beschlussfähig, wenn an der Sitzung jedes Gericht vertreten ist. Beschlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst. Bei Stimmengleichheit kommt kein rechtsgültiger Beschluss zustande.
4) Zirkulationsbeschlüsse sind möglich. Sie kommen nur bei Einstimmigkeit rechtsgültig zustande.
Art. 29
Aufgaben
1) Die Konferenz der Gerichtspräsidenten befasst sich mit der Koordination von Geschäften der Justizverwaltung, die den Obersten Gerichtshof, das Obergericht und das Landgericht betreffen.
2) Der Konferenz der Gerichtspräsidenten obliegen die folgenden Aufgaben:
a) die Erarbeitung einer Geschäftsordnung für die Gerichte;
b) die Begleitung von übergreifenden Projekten an den Gerichten;
c) der Erlass von Richtlinien zu administrativen Angelegenheiten, die alle Gerichte betreffen;
d) die Erarbeitung der grundsätzlichen Ausrichtung der Informatik der Gerichte;
e) die Entsendung von Richtern in internationale Gremien.
3) Die Konferenz der Gerichtspräsidenten ist im Rahmen ihres Aufgabenbereichs gegenüber den ordentlichen Gerichten weisungsbefugt.
Art. 30
Leitung der Konferenz der Gerichtspräsidenten
1) Die Leitung der Konferenz der Gerichtspräsidenten obliegt dem Landgerichtspräsidenten.
2) Dieser besorgt den Geschäftsverkehr der Konferenz nach aussen, insbesondere mit dem Landtag und der Regierung.
Art. 31
Gerichtspräsidenten
1) Die Gerichtspräsidenten führen die Justizverwaltungsgeschäfte der von ihnen geleiteten Gerichte, soweit keine andere Zuständigkeit gesetzlich vorgesehen ist.
2) Sie unterstützen sich gegenseitig bei der Wahrnehmung der Justizverwaltungsaufgaben, stimmen ihr Vorgehen aufeinander ab und beachten dabei gleiche Grundsätze und Regeln.
3) Die Gerichtspräsidenten haben jährlich bis Ende Februar einen Bericht über die Justizpflege der ihnen unterstehenden Gerichte bei der Regierung zuhanden des Landtages einzureichen. Der Bericht dient der Regierung und dem Landtag als Grundlage für die Oberaufsicht und für die Festlegung der Zahl der vollamtlichen Richter.
4) Die Justizverwaltungsaufgaben werden durch die Stellvertreter wahrgenommen, wenn die Präsidenten verhindert sind.
B. Verwaltungsleiter
Art. 32
Stellung
1) Der Verwaltungsleiter und sein Stellvertreter werden von der Regierung auf Vorschlag der Konferenz der Gerichtspräsidenten ernannt.
2) Der Verwaltungsleiter untersteht dem Vorsitzenden der Konferenz der Gerichtspräsidenten.
3) Der Verwaltungsleiter unterstützt die Gerichtspräsidenten bei der Erledigung der Justizverwaltungsaufgaben.
Art. 33
Aufgaben
1) Dem Verwaltungsleiter obliegen folgende Justizverwaltungsaufgaben:
a) die Vorbereitung und die Umsetzung der Geschäfte der Konferenz der Gerichtspräsidenten nach Weisung des Vorsitzenden;
b) die Aufsicht über das Rechnungswesen;
c) die Verantwortung für die Dokumentation, die Registrierung und die Archivierung;
d) die Führung der Informatik;
e) die Sicherstellung der einheitlichen Anwendung der von der Konferenz der Gerichtspräsidenten erlassenen administrativen Richtlinien;
f) die Organisation der Weiterbildung der nicht-richterlichen Angestellten mit Ausnahme der Richteramtsanwärter und der Rechtspfleger;
g) das Beschaffungswesen;
h) die Leitung der Landgerichtskanzlei.
2) Die Konferenz der Gerichtspräsidenten kann dem Verwaltungsleiter weitere Aufgaben der Justizverwaltung zur Erledigung zuweisen.
C. Gerichtskanzleien
Art. 34
Organisation
1) Bei jedem Gericht ist eine Gerichtskanzlei einzurichten.
2) Die Kanzleien des Obergerichtes und des Obersten Gerichtshofes werden durch die Präsidenten dieser Gerichte geführt. Der Landgerichtskanzlei steht der Verwaltungsleiter vor.
3) Die Gerichtskanzleien können in Abteilungen unterteilt werden, die für einen bestimmten Einzelrichter oder Rechtspfleger oder für eine Gruppe von Richtern oder Rechtspflegern die gesamten Geschäfte der Gerichtskanzlei (Art. 35) zu besorgen haben.
Art. 35
Aufgaben
1) Die einzelnen Abteilungen der Gerichtskanzleien haben die dienstlichen Aufträge des Richters, dem sie zugewiesen sind, zu erfüllen.
2) Den Abteilungen obliegen die Ausfertigung der Gerichtsentscheidungen, der Ladungen und sonstigen Erledigungen, die Registrierung der Geschäfte, die Protokollführung in den Gerichtsverhandlungen, die Führung der Akten und die sonstigen administrativen Geschäfte der Gerichtsabteilungen.
Art. 36
Ausfertigung gerichtlicher Erledigungen
1) Die schriftlichen Ausfertigungen der Urteile, Beschlüsse und Vergleiche sowie die Bestätigungen der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit werden bei allen Gerichten von den nicht-richterlichen Angestellten der Abteilungen der Gerichtskanzleien unter dem Vermerk "Für die Richtigkeit der Ausfertigung" unterschrieben.
2) Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung.
D. Zentrale Dienste und Bibliothek
Art. 37
Zentrale Dienste
1) Beim Landgericht wird unter der Leitung des Verwaltungsleiters eine Abteilung für Zentrale Dienste eingerichtet.
2) Die Zentralen Dienste besorgen jene administrativen Aufgaben, die nicht nach Art. 35 und 36 den Gerichtskanzleien zugeordnet sind.
Art. 38
Bibliothek
1) Beim Landgericht ist für alle Gerichte eine Fachbibliothek einzurichten. Die Leitung der Bibliothek obliegt dem Landgerichtspräsidenten.
2) Der Landgerichtspräsident hat eine Benützungsordnung auszuarbeiten, die von der Konferenz der Gerichtspräsidenten zu genehmigen ist.
Dbis. Wissenschaftlicher Dienst beim Obersten Gerichtshof22
Art. 38a23
Wissenschaftlicher Dienst
1) Beim Obersten Gerichtshof ist ein wissenschaftlicher Dienst einzurichten, der vom Präsidenten geführt wird.
2) Dem wissenschaftlichen Dienst obliegen:
a) die Unterstützung der Richter bei der Erstellung von Entscheidungsentwürfen sowie des Präsidenten und seiner Stellvertreter bei allen anderen Aufgaben;
b) die Schlussredaktion und Publikation von Entscheidungen, einschliesslich ihrer Anonymisierung;
c) die Erledigung weiterer, ihm durch die Geschäftsordnung übertragener Aufgaben.
E. Rechnungswesen und Archivierung
Art. 39
Rechnungswesen
Das Rechnungswesen der Gerichte ist nach Massgabe der Bestimmungen des Finanzhaushaltsgesetzes und der dazu erlassenen Verordnungen sowie nach den anerkannten Grundsätzen der Rechnungsführung und -legung des öffentlichen Haushaltes zu organisieren.
Art. 40
Archivierung
1) Alle bei den Gerichten angefallenen Akten sind nach rechtskräftiger Erledigung der Rechtssache jahrgangsweise und nach fortlaufenden Aktenzeichen geordnet im gemeinsamen Gerichtsarchiv aufzubewahren. Die Akten dürfen frühestens 35 Jahre nach Rechtskraft der letzten in der Rechtssache ergangenen Entscheidung vernichtet werden. Akten, die vernichtet werden sollen, sind dem Amt für Kultur anzubieten, sofern das Landesarchiv nicht als Gerichtsarchiv bestimmt wird.24
2) Die von den Parteien oder von dritten Personen eingebrachten Urkunden sind nach rechtskräftiger Erledigung der Rechtssache von Amtes wegen, bei Ruhen oder Unterbrechung eines Verfahrens dem Einleger auf Verlangen gegen Empfangsbestätigung zurückzugeben. Die Empfangsbestätigung ist in den Akten aufzubewahren.
IV. Dienstrecht, Dienstaufsicht und Revision
A. Dienstrecht
Art. 41
Dienstrecht der Richter
1) Das Dienstrecht der Richter richtet sich nach den Vorschriften des Richterdienstgesetzes.
2) Für dienstliche Angelegenheiten der Richter ist der Präsident des Gerichtes zuständig, an welchem die Richter tätig sind. Dienstrechtliche Eingaben sind bei diesem einzureichen.
Art. 42
Dienstrecht der nicht-richterlichen Angestellten
1) Nicht-richterliche Angestellte im Sinne dieses Gesetzes sind die Rechtspfleger, die Richteramts- und die Rechtspflegeranwärter, die Gerichtspraktikanten, der Verwaltungsleiter, die Bediensteten der Gerichtskanzleien und der Abteilung Zentrale Dienste sowie die Mitarbeiter des wissenschaftlichen Dienstes.25
2) Das Dienstrecht der nicht-richterlichen Angestellten richtet sich nach den Vorschriften des Staatspersonalgesetzes. Vorbehalten bleiben abweichende gesetzliche Bestimmungen.
3) Für dienstrechtliche Angelegenheiten bei nicht-richterlichen Angestellten sind folgende Stellen zuständig:
a) der Landgerichtspräsident für die Rechtspfleger, die Richteramts- und Rechtspflegeranwärter, die Gerichtspraktikanten und den Verwaltungsleiter;
b) der Obergerichtspräsident für die nicht-richterlichen Angestellten des Obergerichtes;
c) der Präsident des Obersten Gerichtshofes für die nicht-richterlichen Angestellten des Obersten Gerichtshofes;
d) der Verwaltungsleiter für die übrigen nicht-richterlichen Angestellten des Landgerichtes (Abteilung Zentrale Dienste, Landgerichtskanzlei).
4) Dienstrechtliche Eingaben sind bei den in Abs. 3 genannten Stellen einzureichen.
5) Die Stellen nach Abs. 3 sorgen für die Vorbereitung von Geschäften, die in die Zuständigkeit der Regierung oder des Amtes für Personal und Organisation fallen, und stellen über das Amt für Personal und Organisation die erforderlichen Anträge.26
Art. 43
Führung der Personalakten
1) Die Gerichtspräsidenten führen die Personalakten der Richter, der Rechtspfleger, der Richteramts- und Rechtspflegeranwärter, der Gerichtspraktikanten und der Mitarbeiter des wissenschaftlichen Dienstes, die an dem von ihnen geleiteten Gericht tätig sind. Der Verwaltungsleiter führt die Personalakten der übrigen nicht-richterlichen Angestellten. Soweit es sich um Akten im Zusammenhang mit der Besoldung und anderen finanziellen Ansprüchen handelt, werden diese vom Amt für Personal und Organisation geführt.27
2) Die Gerichtspräsidenten und der Verwaltungsleiter können in die Personalakten der nicht-richterlichen Angestellten, für die sie nach Art. 42 Abs. 3 zuständig sind, Einsicht nehmen und Kopien von Dokumenten der Personalakten verlangen.
Art. 44
Massnahmen
1) Die dienst- und disziplinarrechtlichen Massnahmen gegenüber Richtern richten sich nach dem Richterdienstgesetz.
2) Gegenüber den nicht-richterlichen Angestellten können bei Verletzung der gesetzlichen und dienstrechtlichen Pflichten die im Staatspersonalgesetz vorgesehenen Massnahmen getroffen werden. Es gelten die Verfahrens- und Zuständigkeitsvorschriften des Staatspersonalgesetzes.
Art. 45
Rechtsmittel
1) Gegen Entscheidungen in dienstrechtlichen Angelegenheiten der Stellen nach Art. 42 Abs. 3 kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde bei der Regierung erhoben werden.28
2) Aufgehoben29
3) Gegen Entscheidungen und Verfügungen der Regierung kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
4) Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof kann sich nur gegen rechtswidriges Vorgehen und Erledigen oder gegen aktenwidrige oder unvollständige Sachverhaltsfeststellungen richten.
B. Dienstaufsicht
Art. 46
Zuständigkeit
Die Dienstaufsicht obliegt:
a) dem Landgerichtspräsidenten gegenüber den Richtern, die am Landgericht tätig sind, den Rechtspflegern, den Richteramts- und Rechtspflegeranwärtern und den Gerichtspraktikanten;
b) dem Obergerichtspräsidenten gegenüber dem Landgerichtspräsidenten und den Richtern, die am Obergericht tätig sind;
c) dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofes gegenüber dem Obergerichtspräsidenten und den Richtern, die am Obersten Gerichtshof tätig sind;
d) einem aus drei rechtskundigen Oberstrichtern bestehenden Dienstsenat des Obersten Gerichtshofes für den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes.
Art. 47
Inhalt
1) Gegenstand der Dienstaufsicht sind insbesondere:
a) die Kontrolle der Geschäftsanfälle, die Erledigungs- und Ausfertigungsfristen, die Registerführung sowie die Überwachung der länger andauernden Verfahrensstillstände;
b) die Weiterbildung in der Rechtspflege;
c) die Führung der Geschäfte der Justizverwaltung.
2) Bei der Ausübung der Dienstaufsicht ist streng darauf zu achten, dass kein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit erfolgt.
Art. 48
Dienstaufsichtsbeschwerde
1) Beschwerden wegen Verweigerung oder Verzögerung der Rechtspflege können erhoben werden:
a) beim Landgerichtspräsidenten, soweit sie die am Landgericht tätigen Richter oder die Rechtspfleger, die Richteramts- und Rechtspflegeranwärter, die Gerichtspraktikanten und die übrigen nicht-richterlichen Angestellten des Landgerichtes betreffen;
b) beim Obergerichtspräsidenten, soweit sie den Landgerichtspräsidenten, die am Obergericht tätigen Richter oder die nicht-richterlichen Angestellten des Obergerichtes betreffen;
c) beim Präsidenten des Obersten Gerichtshofes, soweit sie den Obergerichtspräsidenten, die am Obersten Gerichtshof tätigen Richter oder die nicht-richterlichen Angestellten des Obersten Gerichtshofes betreffen;
d) bei einem aus drei rechtskundigen Oberstrichtern bestehenden Dienstsenat des Obersten Gerichtshofes für den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes.
2) Alle nicht offenbar unbegründeten Beschwerden sind dem betreffenden Gericht oder Richter mit der Aufforderung mitzuteilen, binnen bestimmter Frist Abhilfe zu schaffen und darüber Bericht zu erstatten oder die entgegenstehenden Hindernisse bekannt zu geben.
Art. 49
Verfahren
1) Dienstaufsichtsbeschwerde kann jedermann, der sich durch das Vorgehen eines Gerichtsorgans oder einer Gerichtsperson beschwert erachtet, erheben.
2) Dienstaufsichtsbeschwerden sind schriftlich bei der zuständigen Stelle nach Art. 48 Abs. 1 einzureichen.
Art. 49a30
Fristsetzungsantrag
1) Ist ein Gericht mit der Vornahme einer Verfahrenshandlung, etwa der Anberaumung oder Durchführung einer Tagsatzung oder Verhandlung, der Einholung eines Sachverständigengutachtens oder der Ausfertigung einer Entscheidung, säumig, so kann eine Partei stets bei diesem Gericht den an die nach Art. 46 für die Dienstaufsicht zuständige Gerichtsbehörde gerichteten Antrag stellen, diese möge dem Gericht für die Vornahme der Verfahrenshandlung eine angemessene Frist setzen; ausser im Fall des Abs. 2 hat das Gericht diesen Antrag mit seiner Stellungnahme der nach Art. 46 für die Dienstaufsicht zuständigen Gerichtsbehörde sofort vorzulegen.
2) Führt das Gericht alle im Antrag genannten Verfahrenshandlungen binnen vier Wochen nach dessen Einlangen durch und verständigt es hiervon die Partei, so gilt der Antrag als zurückgezogen, wenn nicht die Partei binnen vierzehn Tagen nach Zustellung der Verständigung erklärt, ihren Antrag aufrechtzuerhalten.
3) Die Entscheidung über den Antrag nach Abs. 1 hat die nach Art. 46 für die Dienstaufsicht zuständige Gerichtsbehörde mit besonderer Beschleunigung zu fällen; liegt keine Säumnis des Gerichtes vor, so ist der Antrag abzuweisen. Die Entscheidung ist unanfechtbar.
Art. 50
Massnahmen
1) Das zuständige Aufsichtsorgan hat die Tätigkeit der seiner Aufsicht unterstehenden Gerichtsorgane periodisch eingehend zu untersuchen. Wo es besondere Vorfälle nötig machen, können ausserordentliche Untersuchungen stattfinden.
2) Das zuständige Aufsichtsorgan hat aufgrund der Untersuchungsergebnisse die in seinem Wirkungskreis gelegenen Verfügungen zu treffen und die sonst erforderlichen Massnahmen beim zuständigen Organ zu beantragen.
3) Gegen Verfügungen und Anordnungen, die die Aufsichtsorgane in Ausübung der Dienstaufsicht treffen, ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
C. Revision
Art. 51
Gegenstand und Aufgaben
1) Die Auslastung, die Effizienz und die Funktionstüchtigkeit der Gerichte sowie die Aufbau- und die Ablauforganisation sind in der Regel alle fünf Jahre durch Sachverständige zu untersuchen. Soweit es um die Überprüfung des ordnungsgemässen Geschäftsganges der Gerichte oder einzelner Gerichtsabteilungen geht, muss der Sachverständige über die Befähigung zum Richterberuf verfügen.
2) Die Untersuchung wird durch die Regierung nach Anhörung des zuständigen Gerichtspräsidenten angeordnet. Bei der Vornahme von Untersuchungshandlungen ist streng darauf zu achten, dass jeder Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit unterbleibt.
3) Die Sachverständigen haben den Gerichtspräsidenten schriftlich über das Ergebnis der Untersuchung und mögliche Vorschläge zur zweckmässigen Aufgabenerfüllung zu berichten. Die Gerichtspräsidenten holen die Stellungnahme der Betroffenen ein. Sie äussern sich zu Handen der Regierung zu den Feststellungen und zu den Vorschlägen der Sachverständigen.
4) Die Sachverständigen haben das Recht zur Einsichtnahme in die Gerichtsakten. Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
5) Der Landtag und die Regierung können bei besonderen Vorkommnissen und in ausserordentlichen Situationen eine Sonderuntersuchung gemäss Abs. 1 anordnen.
V. Allgemeine Verfahrensgrundsätze
A. Beratung und Abstimmung
Art. 52
Gerichtssitzungen
1) Beratungen und Abstimmungen der Richter sind nicht öffentlich.
2) Das Gericht muss vollzählig sein. An den Verhandlungen und Beratungen nimmt der Schrift- und Protokollführer, welcher beeidet sein muss, teil.
3) Das Gericht entscheidet in offener Abstimmung mit Stimmenmehrheit. Stimmenthaltung ist nicht zulässig.
Art. 53
Leitung und Durchführung
1) Der Vorsitzende leitet die Beratungen und die Abstimmungen. Der Berichterstatter stellt die Anträge.
2) Der Abstimmung geht eine Beratung voraus. Der Berichterstatter gibt seine Stimme zuerst ab, die übrigen Mitglieder in der Reihenfolge ihres Lebensalters, die älteren jeweils vor den jüngeren, der Vorsitzende stimmt zuletzt ab.
3) Über die Zuständigkeit des Gerichtes, über die Notwendigkeit von Ergänzungen und andere Vorfragen ist immer zuerst abzustimmen. Bei Vorliegen mehrerer Streitpunkte ist über jeden einzelnen besonders abzustimmen.
4) Sonderbestimmungen in den Verfahrensgesetzen bleiben vorbehalten.
Art. 54
Beratungs- und Abstimmungsergebnis
1) Über Meinungsverschiedenheiten betreffend die Richtigkeit des vom Vorsitzenden bekannt gegebenen Ergebnisses entscheidet der Senat.
2) Das Abstimmungsergebnis und die Beratungen sind in einem besonderen Protokoll festzuhalten.
Art. 55
Revotation
1) Solange eine Entscheidung weder mündlich verkündet noch zur Ausfertigung an die Gerichtskanzlei übergeben ist, kann das Gericht auf die Beratung und Abstimmung zurückkommen.
2) Es beschliesst über das Rückkommen in seiner ursprünglichen Besetzung.
B. Ausschluss und Ablehnung von Richtern und anderen Gerichtspersonen
Art. 56
Ausschluss
Richter, Rechtspfleger, Schrift- und Protokollführer, Gerichtsvollzieher und nicht-richterliche Urkundspersonen dürfen ihr Amt nicht ausüben, wenn sie: 31
a) in der Sache ein persönliches Interesse haben;
b) mit einer Partei oder einem Verfahrensbeteiligten verheiratet sind oder waren, in eingetragener Partnerschaft leben oder gelebt haben, eine faktische Lebensgemeinschaft führen oder geführt haben oder bis zum 4. Grad verwandt oder verschwägert sind. Wahl-, Stief- und Pflegschaftsverhältnisse sind dem natürlichen Kindesverhältnis gleichgestellt;32
c) Vertreter, Bevollmächtigte, Angestellte oder Organe einer verfahrensbeteiligten Person sind;
d) in der Sache als Richter, Rechtspfleger, Schrift- oder Protokollführer bei einem untergeordneten Gericht, Rechtsvertreter einer Partei oder eines Verfahrensbeteiligten, Untersuchungsrichter, Staatsanwalt, Sachverständiger oder Zeuge gehandelt haben oder im Verfahren Zeuge sind.
Art. 57
Ablehnung
Richter, Rechtspfleger, Schrift- und Protokollführer, Gerichtsvollzieher und nicht-richterliche Urkundspersonen können selbst den Ausschluss verlangen oder von den Parteien und den Verfahrensbeteiligten abgelehnt werden, wenn: 33
a) zu einer Partei oder einem Verfahrensbeteiligten eine enge Freundschaft, eine persönliche Feindschaft oder ein besonderes Pflicht- oder Abhängigkeitsverhältnis besteht;
b) sie mit einer Partei, dem Staatsanwalt oder einem Verfahrensbeteiligten in einem Rechtsstreit stehen oder aus anderen Gründen in der Sache befangen sein könnten.
C. Ausschluss- und Ablehnungsverfahren
Art. 58
Anzeigepflicht
1) Jeder Richter, Rechtspfleger, Schrift- und Protokollführer, Gerichtsvollzieher und jede nicht-richterliche Urkundsperson hat vom Zeitpunkt an, in welchem ihm ein Ausschliessungsgrund bekannt ist, auf alle gerichtlichen Handlungen zu verzichten.34
2) Wenn die Ablehnung einer Gerichtsperson offensichtlich unbegründet ist und die Absicht vermuten lässt, den Prozess zu verschleppen, so ist eine begonnene Verhandlung fortzusetzen. Die Endentscheidung darf jedoch nicht vor der rechtskräftigen Zurückweisung der Ablehnung gefällt werden. Wird der Ablehnung stattgegeben, so sind die von der abgelehnten Gerichtsperson vorgenommenen gerichtlichen Handlungen nichtig und, soweit erforderlich, aufzuheben.
3) Jede Gerichtsperson ist, sobald ihr ein Ablehnungs- oder Ausschliessungsgrund bekannt geworden ist, verpflichtet, diesen dem Vorsitzenden, und wenn es den Vorsitzenden selbst betrifft, dessen Stellvertreter rechtzeitig mitzuteilen.
Art. 59
Verfahrensvorschriften
1) Die Vorladungen an die Parteien sind bis spätestens zehn Tage vor dem Gerichtstag zuzustellen. Sie enthalten den Namen des Einzelrichters oder die Namen der Richter des Kollegialgerichtes sowie des Schrift- und Protokollführers.
2) Alle Einladungen und alle Vorladungen zu kollegialgerichtlichen Verhandlungen erlässt in der Regel der Vorsitzende des betreffenden Gerichtes. Alle übrigen Einladungen und Vorladungen erlässt der zuständige Einzelrichter oder der zuständige Rechtspfleger.
3) Das Recht auf Ablehnung einer Gerichtsperson ist verwirkt, wenn es nicht mindestens fünf Tage nach der Zustellung der Vorladung oder Bekanntgabe der Zusammensetzung des Gerichtes beim zuständigen Gericht schriftlich geltend gemacht wird.
Art. 60
Entscheidung
1) Über den Ausschluss oder die Ablehnung entscheidet unter Vorbehalt von Abs. 2:
a) bei Gerichtspersonen des Landgerichtes, des Obergerichtes oder des Obersten Gerichtshofes der jeweilige Gerichtspräsident;
b) beim Landgerichtspräsidenten der Obergerichtspräsident;
c) beim Obergerichtspräsidenten der Präsident des Obersten Gerichtshofes;
d) beim Präsidenten des Obersten Gerichtshofes dessen Stellvertreter.
2) Bei Kollegialgerichten entscheidet über den Ausschluss oder die Ablehnung von Gerichtspersonen der Vorsitzende. Ist dieser selbst betroffen, entscheidet der Senat.
3) Entscheidungen über den Ausschluss oder die Ablehnung von Gerichtspersonen sind endgültig.
4) Wird dem Ablehnungsgesuch stattgegeben oder ist ein Richter ausgeschlossen, so tritt sein Stellvertreter ein. Ist auch im Rahmen der Stellvertreterregelung keine ordentliche Besetzung des Gerichtes mehr möglich, so ist unverzüglich eine Ersatzbestellung vorzunehmen. Das Verfahren richtet sich nach den Bestimmungen des Richterbestellungsgesetzes.
5) Die Ersatzbestellung von Rechtspflegern, Schrift- und Protokollführern, Gerichtsvollziehern und nicht-richterlichen Urkundspersonen nimmt der zuständige Gerichtspräsident vor.35
Art. 6136
Ablehnung anderer Gerichtspersonen
Die Vorschriften über den Ausschluss und die Ablehnung von Richtern, Rechtspflegern, Schrift- und Protokollführern, Gerichtsvollziehern und nicht-richterlichen Urkundspersonen finden auf alle weiteren Gerichtspersonen sinngemäss Anwendung.
D. EWR-Recht
Art. 62
Auslegung des EWRA
1) Erachtet ein Gericht in einem hängigen Verfahren die Einholung eines Gutachtens des EFTA-Gerichtshofes über die Auslegung des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum für erforderlich, so kann es anordnen, dass das Verfahren bis zum Einlangen des Gutachtens unterbrochen wird.
2) Das Gericht kann jederzeit die von ihm angeordnete Unterbrechung auf Antrag oder von Amtes wegen wieder aufheben.
VI. Übergangs- und Schlussbestimmungen
Art. 63
Hängige Verfahren und laufende Fristen
1) Auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes hängige Verfahren findet das neue Recht Anwendung, wenn das bisherige Recht für die Parteien in seiner Gesamtauswirkung nicht günstiger ist.
2) Fristen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zu laufen begonnen haben, werden nach bisherigem Recht berechnet.
Art. 64
Weiterführung von Ämtern
1) Der Obergerichtspräsident, der Präsident des Obersten Gerichtshofes und deren Stellvertreter üben ihre Ämter bis zum Ablauf der Amtsdauer aus, für die sie nach bisherigem Recht bestellt wurden.
2) Der nach bisherigem Recht bestellte Landgerichtsvorstand und dessen Stellvertreter führen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes ihre Ämter für eine Amtsdauer von fünf Jahren weiter, soweit sie nicht innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes auf eine Weiterführung schriftlich verzichten.
Art. 65
Aufhebung bisherigen Rechts
Es werden aufgehoben:
a) Gerichtsorganisations-Gesetz vom 7. April 1922, LGBl. 1922 Nr. 16;
b) Gesetz vom 12. Juli 1934 betreffend die Abänderung des Gerichts-Organisationsgesetzes, LGBl. 1934 Nr. 8;
c) Gesetz vom 28. November 1972 über die Abänderung des Gerichtsorganisationsgesetzes, LGBl. 1973 Nr. 1;
d) Gesetz vom 24. Oktober 1990 über die Abänderung des Gerichtsorganisationsgesetzes, LGBl. 1990 Nr. 76;
e) Gesetz vom 14. Dezember 2000 über die Abänderung des Gerichtsorganisationsgesetzes, LGBl. 2001 Nr. 30;
f) Gesetz vom 18. April 2002 über die Abänderung des Gerichtsorganisationsgesetzes, LGBl. 2002 Nr. 70;
g) Gesetz vom 26. November 2003 über die Abänderung des Gerichtsorganisationsgesetzes, LGBl. 2004 Nr. 31.
Art. 66
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Verfassungsgesetz vom 24. Oktober 2007 über die Abänderung der Verfassung vom 5. Oktober 1921 in Kraft.

In Stellvertretung des Landesfürsten:

gez. Alois

Erbprinz

gez. Otmar Hasler

Fürstlicher Regierungschef
Übergangsbestimmungen
173.30 Gerichtsorganisationsgesetz (GOG)
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2011 Nr. 596 ausgegeben am 30. Dezember 2011
Gesetz
vom 25. November 2011
über die Abänderung des Gerichtsorganisationsgesetzes
...
II.
Übergangsbestimmung
Auf hängige Verfahren, in denen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens37 dieses Gesetzes bereits Anklage beim Untersuchungsrichter eingebracht wurde, findet das bisherige Recht Anwendung.
...
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2014 Nr. 276 ausgegeben am 30. Oktober 2014
Gesetz
vom 4. September 2014
über die Abänderung des Gerichtsorganisationsgesetzes
...
II.
Übergangsbestimmung
Auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens38 dieses Gesetzes hängige Verfahren findet das bisherige Recht Anwendung.
...
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2016 Nr. 23 ausgegeben am 28. Januar 2016
Gesetz
vom 2. Dezember 2015
über die Abänderung des Gerichtsorganisationsgesetzes
...
II.
Übergangsbestimmungen
1) Auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens39 dieses Gesetzes hängige Verfahren findet das bisherige Recht Anwendung.
2) Bis zur Ernennung eines zweiten Stellvertreters des Landgerichtspräsidenten wird diese Funktion von demjenigen Landrichter wahrgenommen, dessen Ernennung zum Landrichter am längsten zurückliegt und der nicht bereits dem Landgerichtspräsidium angehört.
3) Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes wird der Stellvertreter des Landgerichtspräsidenten zu dessen ersten Stellvertreter und der Stellvertreter des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes zu dessen ersten Stellvertreter.
...
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2018 Nr. 209 ausgegeben am 2. November 2018
Gesetz
vom 6. September 2018
über die Abänderung des Gerichtsorganisationsgesetzes
...
II.
Übergangsbestimmung
Auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens40 dieses Gesetzes bereits anhängigen Verfahren findet das neue Recht Anwendung.
...

1   Art. 2 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2011 Nr. 596.

2   Art. 2 Abs. 2 abgeändert durch LGBl. 2014 Nr. 276.

3   Art. 4 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2011 Nr. 596.

4   Art. 4 Abs. 2 abgeändert durch LGBl. 2014 Nr. 276.

5   Art. 5 Bst. c aufgehoben durch LGBl. 2011 Nr. 596.

6   Art. 7 Abs. 1 Bst. b abgeändert durch LGBl. 2016 Nr. 23.

7   Art. 7 Abs. 1 Bst. d abgeändert durch LGBl. 2014 Nr. 276.

8   Art. 8 aufgehoben durch LGBl. 2011 Nr. 596.

9   Art. 11 Abs. 2 aufgehoben durch LGBl. 2016 Nr. 23.

10   Art. 13 abgeändert durch LGBl. 2016 Nr. 23.

11   Art. 15 abgeändert durch LGBl. 2016 Nr. 23.

12   Art. 16 Abs. 1 Einleitungssatz abgeändert durch LGBl. 2016 Nr. 23.

13   Art. 16 Abs. 2 abgeändert durch LGBl. 2016 Nr. 23.

14   Art. 18 abgeändert durch LGBl. 2014 Nr. 276.

15   Art. 19 Abs. 2 abgeändert durch LGBl. 2014 Nr. 276.

16   Art. 19 Abs. 3 abgeändert durch LGBl. 2014 Nr. 276.

17   Art. 19 Abs. 4 abgeändert durch LGBl. 2014 Nr. 276.

18   Art. 20 Abs. 2 abgeändert durch LGBl. 2016 Nr. 23.

19   Art. 23 Abs. 4 abgeändert durch LGBl. 2009 Nr. 248.

20   Art. 24 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2016 Nr. 23.

21   Art. 24 Abs. 2 abgeändert durch LGBl. 2016 Nr. 23.

22   Überschrift vor Art. 38a eingefügt durch LGBl. 2020 Nr. 314.

23   Art. 38a eingefügt durch LGBl. 2020 Nr. 314.

24   Art. 40 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2012 Nr. 361.

25   Art. 42 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2020 Nr. 314.

26   Art. 42 Abs. 5 abgeändert durch LGBl. 2015 Nr. 162.

27   Art. 43 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2020 Nr. 314.

28   Art. 45 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2015 Nr. 162.

29   Art. 45 Abs. 2 aufgehoben durch LGBl. 2015 Nr. 162.

30   Art. 49a eingefügt durch LGBl. 2018 Nr. 209.

31   Art. 56 Einleitungssatz abgeändert durch LGBl. 2018 Nr. 472.

32   Art. 56 Bst. b abgeändert durch LGBl. 2011 Nr. 360.

33   Art. 57 Einleitungssatz abgeändert durch LGBl. 2018 Nr. 472.

34   Art. 58 Abs. 1 abgeändert durch LGBl. 2018 Nr. 472.

35   Art. 60 Abs. 5 abgeändert durch LGBl. 2018 Nr. 472.

36   Art. 61 abgeändert durch LGBl. 2018 Nr. 472.

37   Inkrafttreten: 1. Januar 2012.

38   Inkrafttreten: 1. Januar 2015.

39   Inkrafttreten: 29. Januar 2016.

40   Inkrafttreten: 1. Januar 2019.